New York

Dienstag, 25. April 2006

Mother of Bars - New York City

New York ist eine atemberaubende, anziehende, mulikulturelle, riesengroße, schöne und hässliche Stadt, deren Atem süchtig machen kann. Es wurde Zeit, endlich wieder hier zu sein.

Greenwich Village ist bekannt für die homosexuelle Szene, im East Village versammeln sich Punks, Hippies und Freaks. Uptown, rund um den Central Park, residieren schwere Geldbörsen, wobei man nördlich des Central Parks, in Harlem, als Weißer das Weite suchen sollte. Downtown wuseln Börsenbroker und Businessmänner wie Pinguine im Rudel.
Empire-State
In der Wahl des gastronomischen Ortes des Vertrauens sind New Yorker sprunghaft, immer auf der Suche nach dem Neusten. Soho, das einst so „in“ war, wurde von dem alten Fabrikgelände Meatpacking District abgelöst und Brooklyn rückt zunehmend ins nächtliche Rampenlicht. Obwohl es den Anschein macht, dass Bars und Clubs so schnell aus dem Boden wachsen wie sie verschwinden, überleben die besten jahrelang.

Meine Liste verzeichnet 90 Bars, die es zu begutachten gälte. Doch allein in Manhattan gibt es mindestens doppelt so viele! Online erleichtert das New York Magazine in der Rubrik Nightlife and Music die Suche, in Print die Time Out New York oder die kostenlose Village Voice. Man bedenke allerdings, dass die meisten Clubs um 4 Uhr schließen und das es illegal ist, ab 4 Uhr morgens Alkohol zu verkaufen (sonntags schon ab Mitternacht).

Hochwertige Cocktailqualität ist der jüngste und interessanteste Trend der New Yorker Barszene. Die Wertschätzung guter Qualität wächst. Bartender werden des Nachtlebens neue Könige. Doch leider sind Fertigdrinks immer noch die Norm in vielen zweitklassigen Etablissements. Die Krone des Entsetzens setzt dem Ganzen eine Online-Barschule Zizzoo auf.

Angus Winshester ist zu verdanken, dass ich für meine Recherchen in die kleine Familie der New Yorker Hochglanz-Barszene eingeweiht wurde. Nur sieben Bars heben sich in Qualität und Anspruch aus der großen Masse hervor, die so genannte „one big family“. Julie Reiner, die Teilhaberin der Flatiron Lounge, bestätigt: „Our New York comunity is small.“, man kennt sich, besucht sich gegenseitig und guckt sich über die Schultern. „Cocktailwise New York is ahead of a lot of other parts of this country. It´s still tough though. There a only a handful places where you can go to get high quaity cocktails. But it´s expanding.“

Angus machte mich mit Chad Solomon bekannt, einen der Barkeeper aus dem Milk&Honey sowie Pegu Club. Dort lernte ich Audrey Saunders kennen, die Besitzerin des Pegu Club und gute Bekannte von der nicht minder hiesigen Dale Degroff und Gary Regan. Audrey empfahl mich oben zitierter Julie Reiner aus der Flatiron Lounge sowie dem Spirituosen Sommelier Ethan R. Kelley der Brandy Library . Sasha Petraske, der einflussreiche wie legendäre Begründer des Milk&Honey und Little Branch, oder der Urvater der der New Yorker Hochglanzszene, bleibt jedoch ein Mysterium in Person. Er verweigert sich der Presse.


„The One big family“ oder New Yorks beste Bars:
  • Pegu Club, Level 2, 77 West Houston Street, New York


Audrey Saunders arbeitete eng mit Dale Degroff zusammen (“uncle Dale” genannt), zuletzt in einer gemeinsamen Bar. Dann übernahm sie die Leitung der Bemelmans Bar im Carlyle Hotel (35 East 76th Street), bevor sie zur Geschäftsführerin des Pegu Clubs wurde, der seit 5 ½ Jahren bestehet. Benannt nach einem ehemaligen Club Britischer Kolonialoffiziere in Ragoon ist der Pegu Club eine Kollaboration mit den Besitzern/innen der Flatiron Lounge.
Pegu-Club
Goldene Tapeten schmücken im Schein von Großmutters Nachtischlampe das indochinesische Design und Handgeschnitztes aus Holz zu Jazz im Ledersessel. Asiatisch inspiriert das Snackmenü zum Pegu Club Cocktail. Dieser Hausdrink des ursprünglichen Pegu Clubs (um 1900) sei „crisp, snappy and fairly potent: london dry gin, angostura & orange bitters, orange curaçao and fresh lime.“ Mit dem Image, ein „spicy gin and ginger mojito“ zu sein, verkauft sich ebenfalls der „Gin Gin Mule“ prächtig (gin, homemade ginger beer, mint, fresh lime juice).

Die Qualität von Produkten ist Audrey wichtiger als deren Quantität oder Neuheit. Viele Spirituosen aus Europa kommen neben dem Exoten Aunt May´s Sirup aus Jamaika (aunt-may-2000@yahoo.com) zum Einsatz. Etwa acht hausgemachte Tinkturen konzentrierter Gewürze und Kräuter seien, so Audrey, das „liquid spice rag adding a more complex flavor to the drinks“. Viel Inspiration dazu gewinnt sie aus der Orientierung am Savoy Cocktail Book von Harry Craddock aus den 30er Jahren, als die ersten Cocktails entstanden. Das Klassische gewinnt an neuem Glanz. „Here is how“ verspricht die Karte - zu Recht! „It´s good to make up a new drink recipe but you really need to know what you’re doing – otherwise you’ll just have an other lychee martini...“

New Yorker Cocktail-Ansprüche zu heben, erhofft sich Audrey von ihren Gästen. Denn „once you had a really good cocktail you never want anything less – you are in cocktail hell“, lacht sie. „We are trying to rise customers expectations, gaining a higher appreciation for mixology and high quality drinks. Hopefully, more bars will pop up, aiming to satisfy these higher expectations.“
Bedauernd äußert sie sich über die geringe Zahl von New Yorker Bars der Spitzenklasse. London sei New York immer noch weit voraus. Die Ursache vermutet Audrey zunächst im bislang niedrigen Anspruch der Gäste. Außerdem in den immer noch anhaltenden Nachwirkungen der Prohibition. Der Begriff Bar sei bis heute negativ belegt, ein Bartender gäbe nur ungern zu, das er einer ist. Dies müsse sich ändern.

  • Milk & Honey, 134 Eldridge Street (between Delancey and Broome), New York

Im Dinkel der Eldridge Street ist auf einem vergitterten Fenster „Tailors M&H Alternations“ zu lesen. Daneben eine verwitterte Stahltür mit der Nummer 134. Schwer zu glauben, hier richtig zu sein. In diesem zerfallenen Gemäuer versteckt sich die weltberühmte Bar Milk & Honey?

Quietschend trennt mich die Tür von der Strasse, dann der schwere Vorhang von der Tür. Keine Dresscode-, Gesichts- oder Ausweiskontrollen, keine Türsteher. Der Raum, in dem ich nun stehe, ist wahrscheinlich 25m lang und maximal 4m breit. Sehr dunkel erhellt ihn nichts außer Kerzen auf Tischen und Tabletts. Weniger als zwei handvoll runde Tischnischen reihen sich in der linken Raumhälfte aneinander, mittig unterbrochen von einer winzigen hölzernen Bar, hinter der nur Barkeeper Platz hat. Zwischen groben gemauerten Wänden darf ich mich auf einen der fünf festgeschraubten Barhocker quetschen, stets auf der Hut jedem passierenden Tablett auszuweichen.
Ohne die Bekanntschaft mit Chad Solomon, einem der Barkeeper des Pegu Club, der mir dank Angus Winshester schon im Vorfeld per Email bekannt war, wäre ich des Platzes verwiesen worden. „Sorry, reservations only.“, höre ich die Barkeeperin Christie Gleichgesinnte vertreiben. „It´s too small to not be by reservation only.“ erklärt Chad. Doch wie das Geheimnis erfolgreicher Reservierungen zu lüften ist, bleibt mir ein Rätsel. Regelmäßig ändert sich die Telefonnummer des Milk & Honey. Selbst wer die richtige Nummer wählt, kann eine Stimme sagen hören: „In case of an emergency call 911.“

Dass es im Milk & Honey kein Getränkemenü gibt, war ursprünglich ein Unfall, der sich bewährt. Das Publikum gemischten Alters und Stils erfreut sich an Empfehlungen und Beratungen, die am Tisch lediglich verbal stattfinden.
Fasziniert beobachte ich Christie, wie sie auf dem winzigen Tresen vor mir bis zu sieben Cocktails gleichzeitig zubereitet. Milk & Honey´s Technik ist ungewöhnlich: Alle Ingredienzien vereinen sich im Speedshaker exakt abgemessen via Jigger und Barlöffel. Mit dem Gegenstück des Bostonmetallbechers werden die Gemische dann klackernd mit einem einzigen großen Eiswürfel geshaked. Es gibt weder Ausgießer noch Bostongläser. Das verwendete Eis ist in großen Blöcken selbst gefroren und in kleinere Stücke zerteilt, die genau auf die verschiedenen Gläser zugeschnitten sind, so dass der Gast lediglich ein großes Stück Eis im Glas serviert bekommt. Bis zum Schluss bleibt so der Drink kalt ohne zu verwässern. Raffiniert. Crushed Ice wartet vorbreitet in einem großen Gefäß auf seinen Gebrauch. Gröberes Cobbler Eis wird per Schlag mit dem Barlöffel auf ein Eisstück produziert. Hygieneaspekte machen diese Technik fraglich, denn das Eis wird in der Hand zerschlagen. Doch dem Gebrauch der Hände während der Mixgetränkeproduktion lässt sich in New York ohnehin kaum ausweichen.

Nicht nur Eis und Ginger Beer sind „homemade“, sondern eigentlich alles, wie frischgepresste Säfte, Läuterzucker, Sirups oder Tinkturen. Mich begeistern „the best and freshest ingedients and coldest possible drinks“, wie sie mir Chad bestätigt. „Drinks often arrive with complimentary warm nuts or honey-drizzled sliced fruit. The intended effect is achieved—even a nice nobody can feel like royalty.“ Milk & Honey ist die älteste bestehende Cocktailbar Manhattans, die mit diesen hohen Standards arbeitet. Hier werden klassische Cocktails aus Zeiten der Prohibition perfektioniert. Die servierten Getränke sind schlichtweg grandios!
Acht Regeln geben den Gästen vor, wie sie sich im Milk & Honey zu benehmen haben „in order to respect the bar“:
  1. No name dropping, no star-f*cking.
  1. No hooting, hollering, shouting or any other loud behaviour.
  1. No fighting, play-fighting, no talking about fighting.
  1. Gentlemen will remove their hats. Hooks are provided.
  1. Gentlemen will not introduce themselves to ladies. Ladies feel free to start a conversation or ask the bartender to introduce you. If a man you don't know speaks to you, please lift your chin slightly and ignore him.
  1. Do not linger outside the front door.
  1. Do not bring anyone unless you would leave that person alone in your home. You are responsible for the behaviour of your guests.
  1. Exit the bar briskly and silently. People are trying to sleep across the street. Please make all travel plans and say all farewells before leaving the bar.


  • Little Branch, 20 7th Avenue (at Leroy Street), New York


Die unscheinbare braune Tür im West Village, Ecke Leroy und 7th Ave, erinnert an die des Milk & Honey, doch trägt immerhin einen Namen: Little Branch. Offensichtlich hat Sasha Petraske auch hier seine Finger im Spiel. Im Juni 2005 eröffnete er als Teilhaber Little Branch, doch eine Überflutung der Bar führte kurz nach der Eröffnung zum Schließen. Seit Dezember läuft nun der bisher trockene zweite Versuch.
Kleine Sitzbuchten mit hohen Rückenlehnen machen jeden Tisch zum Separée. Niedrige, geschwungene Decken in beige wirken sakral, während den Boden die Subway erschüttert.
In Simplem Charme des Souterrains lebt die Passion für gute Drinks. Früchte sind frisch gepresst, das Eis selbst gefroren und zerkleinert. Mammuteisblöcke stellen Garnituren zur Schau, schiefe Holzregale präsentieren das Flaschensortiment in Vatis Partykeller Stil.

Selbst klassischen Drinks verleiht Little Branch einen einzigartig neuen Schwung. Im Gegensatz zum Milk & Honey gibt es sogar eine Karte mit mageren sieben Cocktails, drei Bieren, zwei Weinen und dem einsamen Laurent Perrier. Doch die Karte ist ohnehin unwichtig. Der Bartender und ebenso einzige Kellner kümmert sich persönlich um seine Gäste. Denn wer bestellt nicht bartenders choice? Erhört und bestens beraten lasse ich mich mit einem west coast gimlet überraschen.
Dass die die Tätigkeit des Barmanns eine Professur ist, die er lebt, verkörpert und durch sein Wissen überzeugend an den Gast trägt, muss hier selbst jedem Beamten klar werden. Little Branch ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Ziel der öffentlichen Anerkennung und Wertschätzung unseres Berufes. Die Frage „und was machst Du sonst so?“ wird bald wie von selbst aus dem Floskelkatalog jedes Tresensmalltalks gestrichen.

  • East Side Company Bar, 49 Essex Street (near Grand Street), New York


Ähnlich versteckt und unscheinbar wie Sasha Petraske’s Milk & Honey, ist mitten in Chinatown seine East Side Company Bar. Der schmale lange Raum eröffnet sich mit einem Zinktresen am Eingang. Gestreifte Tapeten, Metall oder Metalleffekte schmücken ihn. Reservieren braucht man sie nicht, die wenigen Tische oder Nischen, die sich links vorm Ende des langen Ganges reihen.
Obwohl Sasha den Chefbartender Matty Geel anlernte, ist die Getränkeriege eine Milk & Honey-Light Version. An der Wand hängt das spärliche Menü, ein optisches Ebenbild dessen des Little Branch. Preise, die den gewöhnlichen Bargänger vom mehrfachen Nachaußenkrempeln seiner Geldbörse bewahren, resultieren daraus. Premium Liköre und –Spirituosen lassen mancherlei Mangel verzeihen, Guinness vom Fass manch Bierfreund.

  • Flatiron Lounge, 37 West 19th Street (between 5th and 6th Avenues), New York


Manhattans ältester Wolkenkratzer (1902), das Flatiron Building, gibt diesem New Yorker Viertel als auch der Flatiron Lounge ihre Namen. Sie ist eine Hommage an die goldenen Tage der Cocktails. Ein Tunnel führt in die art deco Lounge Bar mit rotem Leder und Samt, Spiegel-Mosaiken und Tiffany-Lampen.
Flatiron-Lounge
Reichlich frische Säfte, Premium Spirituosen, Seltenheiten wie Michter´s Small Batch American Whisky und Michter´s 10year Rye verbergen sich hinter dem Mahagonitresen der Vintage Bar von 1927. Rye Whisky ist momentan die populärste Spirituose, nicht nur in der Flatiron Lounge. „Rye is taking New York by storm.“, erläutert die Managerin und Teilhaberin Julie Reiner, die selbst am liebsten Rye Manhattans mit süßem Wermut trinkt (abgesehen von Sloe Gin Fizzes).

Hausgemachte Vodka Infusions (z.B. Bartlett pears, clove and granny smith) setzt Julie selbst an. Reiner Vodka sei zum Mixen zu langweilig. „So I use it as a blank white canvas and than alter it to make it into something interesting.“ Ein Renner ist der Basin Peach aus der Jasmin und Grüntee Vodka-Infusion, weißem Pfirsich, frischer Limette und Zucker, garniert mit einer Orchidee. „Pear and clove infused vodka, Poire Williams and fresh pear nectar“ werden zum beliebten Drink Spiced Pear. Als Metropolis ist der Apfel-Martini aus hausgemachtem Apfelvodka benannt. Freunde des guten Tequila bevorzugen den Sicilian Sunrise (Sauza silver, Cointreau, fresh lime, freshly squeezed blood orange, served highball).

Saisonal ändert Julie die Cocktailkarte. Zur Zeit meines Besuches wählt man u.a. aus fünf „winteroriginals“, drei „winterwarmers“, vier untypischen Classics oder drei „guest mixologist drinks“ von Jim Meehan (Gramercy Tavern und Pegu Club), Dave Wondrich (Autor des Buches „Esquire Cocktails“) und Robert Hess (drinkboy.com). Cocktail Flights erinnern an das Standard Hotel in L.A., doch behauptet Julie, es hätte sie in der Flatiron Lounge zuerst gegeben. Jeden Tag ändern sich die drei Miniaturcocktail Samples der flights. „A flight back in time“ besteht aus drei Klassikern, ein „flight to Hawaii“ aus drei hawaiianischen bzw. tropischen Drinks, den „flight to France“ aus drei Cocktails auf Cognacbasis, ein „flight to Mexico“ aus drei Cocktails auf Tequilabasis usw. „It´s a cocktail experience.“, so Julie. „Try a little taste. Ask where we are taking you today.“, lese ich in der Karte. Gäste werden durch die Erweiterung ihrer Cocktailhorizonte mit neuen Geschmackserlebnissen bekannt gemacht. Oft bestellen sie danach einen der drei Drinks aus dem flight.

Julies Philosophie ist: „We are trying to educate people on trying new things in cocktails. (...) Broadening people’s horizons and changing the way cocktails are served in this country is probably my favorite part of the job. And we are successfully inspiring other people to create good cocktails.”
Außerdem macht qualifiziertes, engagiertes Personal die Flatiron Lounge zu etwas Besonderem. „It´s the staff that makes the place. They really care and make people feel special.“, beschwärmt Julie ihr Team. Abgesehen von der eigenen Bar, lacht Julie, bleibt die La Mariana Bar (50 Sand Island Access Road, Honolulu) ihr Favorit. Als gebürtige Hawaiianerin symbolisiere diese Bar ein Stück Heimat. Dass ich diese bei meinem Hawaiibesuch verpasste, sei nur um das authentische Tiki-Flair schade, das die Bar speziell mache, nicht aber um die Drinks.

Julie startete ihre Karriere als Teenager. In der hochklassigen Cocktailbar Red Room in San Francisco, in der sie „serious bartending“ lernte, arbeiteten damals ausschließlich Frauen. In New York begann Julie mit Spirituosen zu experimentieren und neue Ideen in Drinks zu verwandeln. Gemeinsam mit der Red Room Cheffin Michelle und der Kollegin Susan eröffnete sie vor drei Jahren die Flatiron Lounge. Dale DeGroff und Audrey Saunders wurden gute Freunde. Heute führen vier Frauen und drei Männer das Geschäft. Ihr nächstgeplantes Projekt wird „something that really features the female talent in the city. Something that the red room was to me I´d like to create here.“

  • Dylan Prime, 62 Laight Street (at Greenwich Street), New York


Das gleichnamige Steak House Dylan Prime gehört als ihr Nachbar zu dieser atmosphärischen Cocktail Lounge. Kerzenschein beleuchtet in theatralischem Raumdekor die in Cocktailkreisen berühmte, halbmondförmige Bar. Michael Waterhouse kreierte hier den Key Pie Cocktail. Seitdem sind diverse Pie-Tinis das Markenzeichen des Dylan Prime.

Die Qualität der Cocktails scheint allerdings sehr von seinem Kreateur abzuhängen, legt mir mein Pech nahe. Sehr ausgefallen und viel versprechend reihen sich Drinks in der Karte auf, um lieblos zusammengerührt, in ungekühlte Gläser gekippt, notgedrungen garniert aber teuer verkauft zu werden. Mein Blended Triberry Cocktail ist nicht geblendet (sondern ganze 2x geschüttelt!) und im zimmerwarmen Cognacschwenker fehlplaziert. Am Glasrand verirrt sich ein einsames Limettenachtel. Die drei distanzierten Ladies hinterm Tresen scheinen es schaufensterpuppenartig vorzuziehen, gut auszusehen. So auch die etwa zehn Premium Vodkas und ähnliche Leckereien hinter ihnen. Schade, dass weder den Drinks, Flaschen noch Gast die erforderliche Beachtung geschenkt wird.

  • Brandy Library, 25 North Moore Street, New York

Auf Empfehlung von Audrey Saunders aus dem Pegu Club weist mir eine große Pot Still Brennblase den Weg ins atemberaubende Schlaraffenland namens Brandy Library. Wie in einer Bücherei umrunden beleuchtete hohe Holzwandregale den in Ledersesseln gediegen Platznehmenden. Doch es präsentieren sich keine Bücher, sondern Unmengen von Edelspirituosen in den Regalen. Dies ist „THE spot for expanding your spiritual horizon“, lese ich in der 63seitigen Menübibel. Pelz, Pömps, Schlips und Kragen „now stop reading and start sipping!“ Um jenem Verlangen seiner betuchten Gäste nachzukommen steigt manch Kellner mittels Leiter einer der insgesamt knapp 1200 Spirituosen der Brandy Library nach. Knapp 300 Single Malts, fast ebenso vielen Cognacs und Armagnacs bilden die Summe. Genauso wenig zu verpassen sind die 100 Cocktails zumeist klassischer Art.

Ethan R. Kelley ist seit dem ersten Tag, seit 18 Monaten, der Spirituosen Sommelier der Brandy Library. Er betont, dass alle der Spirituosen in den USA erhältlich seien, wenn z.T. auch schwer. Zumindest sei nichts selbst importiert. Ethan bietet zusammen mit seinen Kollegen regelmäßig Tastings für Gruppen und Einzelpersonen an ($22-$85), sowie die zweistündige Spirit School „exploring the history, making and tasting of the chosen spirit.“

  • Angel's Share, Level 2, 8 Stuyvesant Street (between 2nd and 3rd Avenue), New York


Mehrmaliges Verlaufen und Nachfragen führt irgendwann vor das von außen nicht besonders viel versprechende, doch legendäre East Village Juwel Angel's Share. Eine Treppe weist aufwärts in ein gewöhnliches japanisches Restaurant mit einer unbeschrifteten Holztür, die eher eine Abstellkammer vermuten lässt als diese bezaubernde, winzige Lounge Bar. Hat man es bis hier geschafft, strengt sich der einzige japanische Keller mit erstaunlicher Gelassenheit an, seine Gäste zunächst mit Sitzplätzen, dann Getränken zu versorgen.
Die Drinks belohnen alle Wegesmühen und das manchmal lange Warten. Besonders neugierig macht die erste Seite des Menüs mit hauseigenen japanischen Kreationen wie dem Groovy aus „shiso infused vodka, yuzujuice and shiso leaf“. Ingredienzien wie Yamamomo, Pflaumenwein und Sake schütteln sich in verschiedenen Drinks im dreiteiligen Shaker, der erst am Tisch in eisgekühlte Gläser entleert wird. Auch die klassischen Cocktails sind perfekt, doch in der Karte lediglich aufgelistet, nicht beschrieben.

Angel's Share benennt sich nach der Bezeichnung für sich gasförmig verflüchtigenden Alkohol bei Fasslagerungen. Über dem Tresen prunkt ein riesiges Ölbild mit einem kleinen Teufel, umzingelt von Engeln. Getränke ruhen auf schweren Marmortischen, an denen Gäste aller Alterstufen und Genres in antiken Sitzgelegenheiten verweilen, der Grammophonartigen Musik lauschen und durch große Glasscheiben, umrahmt von schweren alten Vorhängen, den Blick über die 3rd Avenue schweifen lassen.


  • ...und außerdem:

Erwähnenswert, um einen Eindruck von der Unterschiedlichkeit des Aufgebots zu vermitteln, aber in qualitativ weit entfernt von den oben aufgeführten Bars, nun folgende:

The Park,118 10th Avenue, New York
Eher ein überdachtes Gartenrestaurant mit Trinkmöglichkeit als eine Bar. Der Kuhfellteppich vorm offenen Kamin unter Bäumen im Innenraum mag im Winter genau das Richtige sein, aber die Zubereitung der acht Classics auf der Cocktailkarte lässt wie das Sortiment im Rückbuffet zu wünschen übrig.

Spice Market Lounge, 403 West 13th Street (at 9th Avenue), New York
Hinter den alten Mauern der von außen wenig ansprechenden Fabrikhalle verbirgt sich das doppelstöckige Galerie-Restaurant im fernöstlichen Stil, gestaltet von Jean-Georges Vongerichten. Leider können sich weder die Drinks der Bar im Eingangsbereich noch die der zweiten Bar auf der unteren Ebene qualitativ mit Innenarchitektur oder Küche messen.

Megu Bar, 62 Thomas Street (between Broadway und Church), New York
Die riesige Designhöhle Megu ist Teil einer Japanischen Restaurantkette. Die Kimono Bar liegt hinter der Rezeption, am Ende eines langen eindrucksvollen Aufstiegs. Rund um die Central Island Bar sind die roten Wände mit Kimonostoff abgehängt. Außerdem gibt es die Imperial Lounge und die VIP Juraku Lounge. Auf der unteren Ebene befindet sich eine verschachtelte Restaurantebene mit Sushibar.

Merc Bar, 151 Mercer St (between Houston und Prince), New York
Wie in eine Skihütte kehrt man in die hölzerne Merc Bar ein. Bilder der Niagarafälle schmücken die Bar, Kanus hängen von der Decke, Kerzen erhellen das Dunkel, Sofas und Kuhfellbezogene Sitzbänke laden zum Versinken ein. Eine der wärmsten, atmosphärischsten Bars. Es gibt hauseigene Vodka Infusions und eine Reihe an Vodka- und Gin Martinis. Die sonst schmale Cocktailkarte ändert sich saisonal. Doch nicht die Mixkunst überzeugt, sondern das Raumambiente in untypischer alternative Rockmusik.

APT, 419 West 13th St (at 9th Avenue), New York
Von der Strasse tritt man durch eine Glastür in einen kleinen leeren Raum mit drei Türen und einem öffentlichen Telefon. Zwei der Türen sind per Nummerncode gesichert, seitlich der dritten befindet sich einen Klingeknopf. Wird die Klingel erhört, hat man es hinter die ungemütliche Fassade ins APT geschafft. Dies blieb mir trotz wiederholten Klingelns vergönnt. Recherchen fremder Kritiker zu Rate ziehend lässt sich ein ansprechendes Amiente auf zwei Etagen bei minderwertigen Drinks versprechen.

Milanos, 51 East Houston Street (between Mulberry und Mott), New York
Nichts außer einer heruntergekommenen Absteige mit betrunkenen Barkeeperinnen. Ein DON´T im Punkto Trinkkultur.

Korova Milk Bar, 200 Avenue A, New York
Anhänger des Film Clockwork Orange mögen hier auf rosa Wolken schweben. Fast originalgetreu nachempfunden ist die Korova Milk Bar jener Bar des Films. Schade nur, dass die bunthaarigen weißen Schaufensterdamen keine Milchzapfanlagen sind. Trotzdem den Aufenthalt, ein Bier aus der Flasche und Fotos wert.

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