Neuseeland

Montag, 13. Februar 2006

Bars in Auckland

Manch Kiwi möchte Auckland bestenfalls aus der Landkarte radieren. Zu wenig passt die größte Stadt Neuseelands ins das Bild des sonst so idyllischen Landes.
1,2 Millionen multikulturelle, vor allem stark polynesische Einwohner leben in Auckland. Pro Kopf hat der Aucklander die größte durchschnittliche Anzahl an Booten weltweit. Zwischen den beiden großen Häfen Waitemata und Manukau breitet sich Auckland 50km weit aus.
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Das Stadtzentrum mit all seinen Cafés, Restaurants, Bars und Shopping-Meilen konzentriert sich entlang des südlichen Waitemata Hafens. Besonders die Gegend in und um die Queen Street entlastet das Portemonnaie des Shoppingwütigen. Sucht man nach 2nd Hand Waren und alternativeren Shops, ist die Karangahape Road (kurz K´Road genannt) die richtigere Adresse. Zudem finden sich hier, im Stadtteil Newton und im benachbarten Ponsonby, weitere Nachtclubs und Bars. Speziell auf der Ponsonby Road drängen sich Bar- und Cafébetriebe eng aneinander. Doch mixologisch überwiegt in Auckland Quantität statt Qualität.

Eine Selektion Aucklander Bars

  • Bellini, Hotel Hilton, Princes Wharf 147 Quay Street, Auckland

Die kühle, schlichte Hotelbar Bellini des Hilton in Auckland übt sich in dezentem Interieur und magerem Produktangebot in schlichter Zurückhaltung. Rund 40 Cocktails liegen in einer stolzen Preisklasse ab $18 (ca. 9€) wählen. Das finanziell wertvollste Mixgetränk ist Hennessey XO, der über Winterfrüchte flambiert mit Zucker seinen weg ins Glas findet ($65/ca. 32€). Mangel an Kreativität wird mit hohen Preisen übertüncht. Diese verursachen das Gefühl, dennoch etwas besonders Wertvolles zu trinken. Getränke nach Kosten statt Geschmack oder Individualität zu bewerten ist ein mir widerstrebender Ansatz.
Obwohl sich die eckige Bar mitten im Raum befindet, ist sie nur einseitig ausgerichtet. Um dieser Raumirritation auszuweichen, raucht man bei geteiltem Blick über den Yachthafen und den weniger schönen Parkplatz auf einfacher Terrasse.

  • Crow Bar, 26 Wyndham Street, Auckland

Scheint die Sonne, so passe der Besucher auf, die Stufen zur Crow Bar nicht schneller als gewollt herhab zu gleiten. Die ihn empfangende Dunkelheit sucht seinesgleichen. Kerzen strengen sich an, die höhlenartige Bar mit hölzerner Wand- und Deckenverkleidung und graugrün bezogenen, breiten Ledersitzbänken zu erhellen. Ihnen kommt die gespenstisch leuchtende Reflektion weißer Tischdecken zur Hilfe. Eine dennoch vorherrschende Gemütlichkeit wird durch entspannte House Musik unterstrichen.
Mittels des gut sortierten Flaschenaufgebots zaubern äußerst freundliche Bartender rund 40 verzeichnete Cocktails. Die Hälfte davon sind Tributes, eine internationale Sammlung bestehender Rezepturen mit dem Vermerk ihres Urhebers, so beispielsweise der original Mai Tai (endlich Schluss mit dem Ananassaft!). Bei den hauseigene Kreationen locken handelt sich um Gemische aus Zutaten, die bekannt sind. Hier wird weder gegrillt, geschäumt oder flambiert.
Erstaunen, gar manch Konkurrenz vor Neid erblassen, lässt die Champagnerauswahl. Ja, frisch vom anderen Ende der Welt fliegt für 1050$ (ca. 520€) der Roederer Crystal Magnum ein, ganz hin bis zum Endverbraucher in der Crow Bar.

  • Khuja Lounge, 536 Queen Street, Auckland

Dort, wo die der Queen Street sich fast mit der K´Road kreuzt, ist eine dunkle Tür. Hinter ihr, das Ungeheuer: der alte Holzfahrstuhl! Kein Weg führt an ihm vorbei, außer dem müßigen Treppenaufstieg in schummrigem Licht. Im dritten Obergeschoss weist eine weitere Tür auf einen langen Gang. An dessen Ende verbirgt sich in Dunkelheit die ersehnte Khuja Lounge www.khujalounge.co.nz.
Es ist weit vor 22Uhr, noch bin ich der einzige Gast. Würde Ash, der Barmanager, mich nicht so freundlich empfangen, hielte das Gruseln des Weges und der vorherrschenden Dunkelheit länger an. Mit einer kleinen roten Taschenlampe, die an der Cocktailkarte befestigt ist, navigiere ich mich durch die Getränke. Als ich einen Nature Buzz bestelle, der sich schlicht aus Honig, Frangelico, Vodka, Apfelsaft und frischer Zitrone zusammensetzt, muss Ash nachlesen, um seiner grauen Zellen Willen. Entsetzen darüber und aller Zweifel lassen mit dem ersten Schluck aus dem Martiniglas nach.
Nun wage ich einen Blick in den mich umgebenden Raum ins Dunkel. Das entfernte DJ Pult ist noch unbelebt. Rundum retro-Flair mit gewissem Charme. Schwarze Fensterrahmen unterbrechen über düsteren Sofas dunkelrote Wände. Es lehnt und schimmert in stumpfen Holztönen der Tresen wie ein Halbmond an einer von ihnen.
Im gleichen Moment, als ich versuche, die Ursache des leicht bitteren Nachgeschmacks meines Getränkes zu verstehen, gewöhne ich mich an diesen. Kein anderer Drink der schmalen, mit Classics durchwobenen Cocktailkarte käme in Frage.
Der Weg hier her war weit und mühsam. Einige Minuten vergehen bis ich mir das Bedürfnis nicht mehr verkneifen kann, rauchen zu wollen. Explosionsartig fängt Ash an, sich über Neuseelands Gesetze aufzuregen, die das Rauchen in Bars verbieten. Als er damit fertig ist, lädt er mich in den Personalraum ein. Hinter den Kulissen, zwischen leeren Kisten und einem Haufen Gerümpel stehe ich nun mit Ash da. Wir reden so lange wie die zwei blauen Tabakwolken existieren, unter denen wir stehen. „Bartending is a bit like cooking“, bestätigt er meinen Stadtpunkt. „You have to know what your products taste like in order to know what other products they would go well with.“ Wir sind uns einig, die Zigaretten erloschen und mein Drink leer. Ich gehe. Zurück in die Helligkeit.

  • Minus 5, Princess Warf, Quay Street

Frostig, sehr frostig wird es. Mitten im Sommer. Das Thermometer an der Wand des Empfangstresens zeigt zu erwartende -7Grad. Für 25$ (ca. 12,50€) erkaufe ich mir eine Besuchsberechtigung, einen Cocktailgutschein, wollende Handschuhe und einen Leihwintermantel mit Kapuze. Wie ein Koch es mit seiner Gemüsekühlung nicht anders täte öffne ich die schwere Isolationstür und befinde mich in 18 Tonnen handgemeißeltem Eis des Minus 5. Eisskulpturen thronen in dem kleinen Raum, der von Eiswänden begrenzt ist. Hinter dem Eistresen steht ein zum Eskimo gewordener Barkeeper, der Wertmarken gegen kostenlose Vodka Mixgetränke austauscht. In einem Glas aus Eis, aber absolut klebrig. Absolut Vodka. Überall. Nicht schwer zu raten, wer der Sponsor ist (abgesehen von den zahlreichen Touristen). Vodka friert nicht.
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Als vor einigen Jahren Barry und Lenin, zwei abendteuerwütige Kiwis, in Russland mit ihrem Auto liegen blieben, so dass sie darin übernachten mussten, kamen sie zu der gleichen Erkenntnis. Es war weit unter -5 Grad, als ihre Biere und Sandwichs einfrohren. Alles, was ihnen blieb, war eine Flasche Vodka. Die Idee Minus 5 war geboren.
Mittlerweile gibt es drei dieser eisgekühlten Bars (sowie andere bei Zimmertemperatur) in der Obhut des Franchise-Unternehmens Fusion Hospitality Group: in Auckland, in Queenstown (Südinsel Neuseelands, Steamer Wharf) sowie in Sydney (Level 2, Shop 18, Opera Quays, East Circular Quay), Australien.
Nach 30 Minuten ist die Besuchszeit abgelaufen. Eine neue Touristenmeute steht in Mänteln vor der Kühlung und wartet auf eisigen Einlass.
Als Cocktailbar kaum zu bezeichnen, jedoch hübsch anzusehen, das ist Minus 5. Eine grandiose Touristenfalle. "Absolut" gelungen.

  • Deschlers Bar, 17 High Street, Auckland

Mein erster Besuch scheiterte samstagabends an der übermäßigen Fülle des Deschlers. Den zweiten Versuch unternehme ich an einem Montag, mitten zu Zeiten der immer abschreckenden, in Deutschland leider viel mehr verbreiteten Happy Hour. Nun ist es mir ein Rätsel, warum ich samstags nicht ebenso allein in der Bar wäre.
Mein Drink namens Virgin schmeckt zwar überraschend gut, ohne dass er Alkohol enthält (mint leaves, lime, pink grapefruit juice, topped up with ginger beer), aber sonst listet die Karte keine Besonderheiten auf. Die Aucklander Bars können bisher nichts bieten, was es nicht auch in Friedrichshainer Jungvolkcocktailbars gäbe. Im Angebot lediglich eine schmale Palette an Classics und unspannenden Eigenkreationen, erweitert durch eine handgeschriebene Tafel an der Wand. Genauso nichts sagend sind die kleinen Flaschengemeinschaften des rot hinterleuchteten Rückbuffets.
In diesem halb blauen, halb roten, länglichen Raum nehme ich auf einem Sitzmöbel des dunklen Holzinterieurs Platz. Immerhin verheißen die Plakate, dass hier bei Zeiten live Jazz zu hören sei. Bestimmt war derartige Anpreisung der Grund des zahlreichen Besuchs am vergangenen Samstag.

  • The Whiskey, 210 Ponsonby Road, Ponsonby, Auckland

Jerem Chapman ist seit sieben Jahren Barmann, erzählt er am Tresen seines derzeitigen Arbeitsplatzes, der Bar The Whiskey. In einer Stunde eröffnet die Bar - so wie jeden Tag um 17Uhr. Abgesehen von diversen Mojitos werden einige Pancakes gefragt sein (die Alternative zum Tequila Shot für die Damen: Frangelico, Absolut Vanilla, Limette, Zucker - wie Tequila trinken!).
Mir gegenüber posiert im Barback ein riesiges Einweckglas, randvoll mit gemischtem Obst und Johnny Walker gefüllt. Es handelt sich um die hauseigene Whiskeyinfusion, die pur oder auf Eis serviert wird. Als namensgebende Spirituose ist Whisk(e)y im The Whiskey auch unfusioniert sehr gefragt. Die recht große Auswahl umfasst rund 80 verschiedene Sorten. Das rarste Produkt sei statt einer derer jedoch Remy Martin Louis XIII.
Ein beliebter, hauseigener Drink ist der Metro. Zusammengesetzt aus Ingwerwein, Minze und der besagten Whiskeyinfusion ist er nach dem Aucklandschen Lifestyle-Magazin Metro benannt. Vermutlich um die 2004 und 2005 gewonnenen Titel „Cocktailbar of the year, Metro Magazine“ durch Schmeicheleien zu begünstigen. Denn die anderen 27 Cocktails (vornehmlich Classics) sind nichts Neues. Deswegen bin ich etwas verwundert, als ich von den Cocktailschulungen erfahre, die hier gelegentlich angeboten werden. Doch bei einem Unterrichtspreis von $45 pro Stunde habe ich keine Fragen mehr.

  • Orchid Bar, 152b Ponsonby Road, P.O. box 47615, Ponsonby, Auckland

Den weiblichen Einfluss der Barmanagerin Lauren bemerkt man auf den ersten Blick. Die Orchid Bar hängt bereits seit drei Jahren am seidenen Faden des Kitsches, doch stilvoll siegt über ihn die Atmosphäre: man sitze auf gepolsterten Bänken in pink oder auf hohen schwarzen Holzbarhockern und betrachte rosa-lila Textiltapeten mit Blumenmuster. Oder man lehne sich an den glänzend schwarzen Tresen des schmalen, länglichen Raumes.
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Dort interessiere man sich für einen Pickled Pear and Martini (freshly made lychee essence, unified with vodka or gin and a dash of lychee liqueur) oder einen Sake Martini, doch bestelle man am häufigsten den Kashmir Manao (lychees, limes and sugar, pressed together with a large portion of vodka and lychee liqueur). Man schätze die kleine Auswahl sehr. Der seltene Brand namens Three Dives Vodka verwundere Unwissende, für die South Gin, Junipero und Tanqueray 10 alte Bekannte sein mögen. In der Orchid Bar kommen wir hochklassigem Barschaffen in Auckland näher (endlich!).

  • Match Lounge Bar, Level 1, Corner Pitt and Hopetoun Streets, Auckland

Tony Stewart freut sich, mich in der Match Bar zu empfangen. Er ist der Begründer und Besitzer dieser äußerst modernen, kreativen Cocktailbar, auf ihresgleichen ich bisher in Auckland gewartet habe.
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Hausgemachte ungewöhnliche Sirups, Kompotte und Marmeladen finden kreativen Einsatz (pomegranate & gooseberry syrup, strawberry balsamic syrup, plum & red grape syrup, gooseberry compote, spiced fig syrup, pumpkin marmalade, poached pear & apple syrup, tart apple syrup, rhubarb & beetroot syrup). Die oft verwendeten Gooseberries sind Beeren, die Tonys Kenntnis nach ausschließlich in Neuseeland wachsen.
Vierteljährlich überarbeitete das Match-Team seine Cocktailkarte um ein neues, saisonales Menü zu erstellen. Jedes hat ein anderes Motto. Aktuell ist dies „Alice in wonderland“. Die Auswahl der Drinks ist mit 14 an der Zahl klein, aber fein. Classics werden nicht aufgeführt (warum auch?).
Der Tiger Lily, den ich probieren darf, verkaufe sich am besten. Für diese schmackhafte, sommerliche Erfrischung sind Granatapfel und Gooseberry-Sirup, Belvedere cytron, creme de gingembre und frische Zitrone verantwortlich, serviert im Martiniglas, garniert mit Granatäpfeln. Schmackhaft klingt auch der Doormouse, der bisher beständigste Veteran der Karte (rhubarb & beetroot syrup with vanilla vodka, served in martini glass).
Vodka ist als pure die populärste Spirituose der Gäste. Tony teilt diese Vorliebe mit seiner für trockene Vodka Martinis. Im Sortiment sind alle 42 Below, Belvedere und Grey Goose-Varianten sowie Ciroc, Stolichnaya, Wyborowa Single Estate und Zubrowka. Neu dazugekommen ist der Cachaca Ypioca 2 years und die Tequila Herradura Selection Suprema sowie Hussong´s Reposado.
Insbesondere die Gäste seien es, die für Tony das Besondere der Match Bar ausmachen. „I love my customers! They’re great!“ schwärmt er enthusiastisch. „It´s a really fun, slightly older customer base. They give you a lot of satisfaction. They love trying new stuff so you can be creative.“ Diese zunehmende Anerkennung des Barbusinesses seitens der Gäste zeigt den positiven Weg zur steigenden Anerkennung unserer Professur. Dass ein Barkeeper kein schlichter Alkoholverkäufer ist, sondern dass seine Tätigkeit ein umfassender Beruf ist, der weitaus mehr umfasst, wird zunehmend erkannt. Sich für dieses Verständnis einzusetzen und zu engagieren reizt Tony an der Branche besonders. Undankbare Gäste, die herablassend oder missachtend agieren sind Tony daher ein gewisser Dorn im Auge.
Als wir bezüglich der Qualifikationen in der Branche über Barschulen sprechen, lehnt Tony diese ab. Das wichtigste sei die lange, nationale und internationale Berufserfahrung eines jeden Barkeepers, nicht der trockene Unterricht. „You can’t replace that experience that time gives a bartender.“ Dabei ist er selbst gar kein Barkeeper (zumindest kein guter, lacht er), sondern Skilehrer. Während seiner jahrelangen Tätigkeit als Skilehrer gehörte es dazu, nach der Piste auf die Piste zu gehen, sprich die örtlichen Bars zu bevölkern. So verliebte er sich in die Atmosphären der Gastronomie und half später einem Freund bei der Eröffnung einer Bar in L.A. Dort befindet sich übrigens am Sunset Boulevard in einer alten Kirche das Chateau Mamont, Tonys Lieblingsbar. Die vor 2,5 Jahren von ihm selbst gegründete Match Bar krönt sich bereits jetzt mit mehreren Auszeichnungen. Sein weiteres Projekt ist in Planung, doch dies soll zunächst noch geheim bleiben. Man darf gespannt sein.

...weitere Empfehlungen:
4:20, 373 Karangahape Road, Auckland
Lime, 167 Ponsonby Road, Ponsonby, Auckland
Musket Room, 29 Ponsonby Road, Ponsonby, Auckland
Pitch Bar, 57 Pitt Street, Auckland
Rice, 10-12 Federal Street, Auckland
Supper Club, 2 Beresford Street, Newton, Auckland

Dienstag, 7. Februar 2006

Bars in Wellington

Wie ein zweites Zuhause ist mir das, sich wenig verändernde, sympathische Städtchen immer noch vertraut, längst nachdem ich 2001 im Hafenrestaurant Shed 5 als Barkeeperin tätig war.
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In der Cuba Street tummeln sich wie damals Hippies, Punks und solche, die es einst waren oder werden wollten in 2nd Hand Platten- oder Kleiderläden. Schlips und Kragen spazieren im Business Distrikt rund um den Lambton Quay, Touristen reihen sich am Infoschalter auf und der frische Fisch schwimmt in den Hafen.

Bei gerade 400.000 Einwohnern Wellingtons wirkt das Aufgebot an Cafés, Restaurants und Take Aways nahezu irrational. Insbesondere die alternative Cafészene ist sehr verbreitet. Havana Coffee Works (34 Wigan Street) mahlt und röstet die frischen Bohnen, welche tags gern im Fidels (234 Cuba Street), später im Midnight Espresso (178 Cuba Street) oder Espressoholic (128 Courtenay Place) in zauberhafte Lattes oder Capuccinos verwandelt werden. Genüsse sondergleichen für Freunde heißen Koffeins.
Gestärkt von diesen Trünken wird die Nacht in Wellington zum Tag, egal ob die Wahl auf Live Musik in der Cuba Street oder Szene Clubs und Bars am Courtney Place fällt.
Diese Großsiedlung bunter Häuschen und einiger Business-Hochhäuser rund um eine Bucht, welche die Nordinsel von der Südinsel trennt, macht das Städtchen aus, das den Britischen Flair seit es existiert aufrechterhält. Wellington, der ganz spezielle Fleck Erde, ohne den Neuseeland an Charme einbüße.

  • Jet Bar and Lounge, Level 3, 36 Allan Street, Wellington

Eine Zeitreise zurück ins Jahr 2001 lässt mich wieder vor der Baustelle stehen, die sich bald in die Jet Bar verwandeln sollte. Damals waren die Besitzer des Hafenrestaurants Shed 5 nicht nur meine Chefs, sondern auch die siegessichereren Kreateure ihres neuen Babys Jet Bar. Siegessicher zu recht. Das Konzept einer hochklassigen Cocktailbar, kombiniert mit freundlich-modernem, flugzeugähnlichem Design hat von Anfang an Wellingtons Cocktail- und Loungefreunde in den unwiderstehlichen Bann gezogen. Besonders am Wochenende reihen sich bis heute die Massen vor den Türen.
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Die Minibar und das Gogo (Ecke Allan Street/Courtney Place) sind jüngere benachbarte Brüder der gleichen Väter.
An der Jet Bar sei speziell, dass sie für jede Zielgruppe geeignet ist, meint Will Pitchforth, einer der Bartender und Manager im Interview. Nicht umsonst sei sie eine der meistbesuchtesten Bars in Wellington. Die Offenheit zur Strasse erweckt Neugier. Im Inneren erschließen sich dem Gast drei verschiedene Bars: Die ebenerdige Main Bar, die Bar im Seitenausbau und die Bar im gewölbten Untergeschoss. Auf Grund der drei Räumlichkeiten ist es möglich, verschiedene Musikgeschmäcker zu erreichen – von Jazz, House, Hip Hop bis Pop.
Weiter erzählt mir Will von dem steigenden Produktbewusstsein der Gäste. Das Angebot von rund 100 Cocktails irritiert diese nicht bei der Bestellung eines nicht aufgelisteten Grey Goose oder Tanqueray 10 Martinis. Whiskys und Tequilas erfreuen anhaltend straight up (und Will persönlich nach Feierabend in Form des Manhattans oder Whisky Sours), wobei das neueste Produkt Lemon Z sei. Geschmacklich rund, erfrischend und nicht zu süß eignet sich dieser Zitronenlikör aus dem Norden Neuseelands hervorragend zum Mixen.
Als Wissenschaftler, der in Chemie und Physiologie promovierte, genoss Will nie eine professionelle Barkeeperausbildung. Doch schätzt Will seit 1,5 Jahren an seiner Tätigkeit in der Jet Bar insbesondere den Kontakt mit unterschiedlichsten Menschen, vom Lieferanten über Kollegen zum Gast, außerdem die Organisation des Ablaufs jedes täglichen Geschehens. Schulungen für Bartender würden in Neuseeland zwar angeboten, aber seien nicht als besonders hochwertige Qualifikationen angesehen. Letztlich bilde jede Bar ihr Personal nach ihren eigenen Ansprüchen selbst aus. Es sind eher Whisky- oder Weinverkostungen, zu denen die jeweiligen Betreiber ihr Personal animieren.
Ob Will plant, auf lange Sicht in der Branche tätig zu bleiben, kann er mir nicht sagen. Er genieße zurzeit lediglich, was er tue. Das einzige, was ihn manchmal nerve, sei unmotiviertes Personal, das den Job lediglich als Job sähe, nicht als Berufung. Gastfreundschaft müsse man leben und verkörpern, damit auch der Gast sich wohl und willkommen fühlt.

  • Matterhorn, 106 Cuba Street, Marion Square, Wellington

Nachmittags bin ich zum Kaffeetrinken im Hinterhof des Mattahorn mit Christian McCabe verabredet, dem Barmanager dieser ewig währenden Wellingtoner Lounge Bar. Vor fünf Jahren glich sie im Gegensatz zu heute eher einer Absteige betuchter Studenten. Der Tresen war einfach, der Innenraum klein, der offene Hinterhof mit seinen Heizpilzen alternativ und rustikal, doch die Preise dennoch saftig. Heute sind es drei Tresen, ein ausgebauter Restaurantbereich mit japanischem Garten und ein großer gemütlicher Innenhof für Raucher oder Frischluftfreunde.
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Nachdem Christian und ich eine Weile in der Mixology blättern und über Bartender Magazine plaudern, beginnt der Kaffee zu wirken. Christian entlarvt sich als Autorenkollege, der für das New Zealand Bartender Magazine schrieb. Als wir dann zum Weiterblättern in die Karte des Mattahorn übergehen, erstaunt mich das sehr große Cocktailangebot neben 300 Weinen (davon 80 offen). Bezüglich der Mixgetränke bleiben Mojitos trotzdem an erster Stelle aller Meistverkauften, beteuert Christian. Auf der Webseite ist das volle, bunte, kreative Spektrum aller anderen Drinks als Download verfügbar.
Summiert man die einzelnen Längen der vielen Rückbuffets, so ergäben sich eine schätzungsweise 30 Meter lange Flaschenparade, die u.a. aus rund 20 Scotch Whiskys, 15 Cognacs und 15 Rums besteht. Pur zwitschert der Wellingtoner im Mattahorn am liebsten Vodka (Beverdere), Gin (Tanguaray 10) oder Rum (Havana Club, auch als Rum Old Fashioned). Neuseeland habe es im Gegensatz zu Australien einfacher, Alkoholika zu importieren. Insbesondere Rums finden sich hier in breitester Vielfalt. Hochwertige Cognacs, wie z.B. Hennessy Paradis, sind neueste Errungenschaften des Mattahorn, die andernorts nicht zu finden sind. Doch bei einer Bevölkerungsdichte von ca. 4 Millionen Menschen in ganz Neuseeland, von denen wahrscheinlich nur 3 Millionen alt genug sind um trinken zu dürfen, ist die Zahl derer, die es sich leisten können, extrem teure Spirituosen zu genießen, verschwindend gering. Dennoch steigen Neuseelands Bar Standards mit den Konsumenten Ansprüchen zunehmend. „And we try to raise our customers expectations, make them expect a bit more of going out. There is more about it than getting a drink popped on your table,“ so Christian.
Er selbst gönnt sich privat Scotch in Form eines Rob Roy oder Old Fashioned. Angefangen hat seine Karriere als Bartender zu Studentenzeiten. 1998 arbeitete Christian in einigen Bars und Clubs in Melbourne, insbesondere im Hairy Canary, bevor er sieben Jahre später zum Teilhaber des Mattahorn wurde. Dabei war es nie seine Absicht, Bartender zu werden. Doch die Gelegenheit, sein eigenes Business in dieser Branche zu eröffnen, war verlockend. Heute liebt er das Aktive an seiner Tätigkeit, den zügigen Ablauf, den Stress und die ständige Bewegung. „I like the strategic planning to constantly amaze people” und das, was man von diesen Gästen als Dank genauso zurück bekommt.

Bezüglich der Frage nach professionellen Ausbildungen für Bartender in Neuseeland erwähnt Christian lobend die gut ausgereiften Sommelier-Ausbildungen und Weinschulungen, doch von Bartender Kursen rät er ab. „So much about this job is about passion and personality. You’ve got to be a nice person, you’ve got to be enjoy what you do and you’ve got to like people. You’ve got to like to learn about your products, you’ve got to want to experiment with them and come up with new things. You can’t just learn a hundred cocktails and go do the job. It’s a dynamic job and you’ve got to be constantly creative. (...) Those are all skills you learn best on the job, on the stimulation of other people talking about it, trying things out.“

  • Good Luck, 126 Cuba Street, Wellington

An diesem ruhigen Montagabend setze ich mich zu Kaje Simpson, dem Assistant Bar Manager des Good Luck an die Tresenluke. Anders lässt sich die Durchreiche des Holzkäfigs namens Tresen mitten im Raum nicht bezeichnen. Kaje selbst beschreibt seinen Arbeitsplatz als „weird and crazy cocktail basement“. Treffend.
Das besondere des Good Luck seien die Gäste und der Spaß an der Arbeit. „I am enjoying to make drinks I believe in with products I believe in to serve people I like to serve.“ Und an die Drinks lässt sich wirklich glauben! Das Buch, das sich Karte nennt, umfasst nicht nur zahlreiche internationale Biere und eine gute Auswahl an Weinen, sondern über 40 Classics, 20 Martinivariationen sowie über 70 extravagante Eigenkreationen (incl. einer Reihe an flavored Mojitos und Caipirinhas), die vor allem der Feder des General Managers Riki Carter als auch der dessen Team entsprungen sind. Diese Karte wird ca. zweimal im Jahr durch die Reduktion weniger gängiger Drinks geschmälert und durch die Addition neuer Kreationen erneuert. Die Preise sind bei 13,50-20$ (ca. 6,50-10€) erschwinglich, wie zumeist in Neuseeland. Vermutlich, da der Kiwi weniger verdient als vergleichsweise der Australier (Neuseelands Mindestlohn für Barkeeper liegt bei 10,50$/ca. 6€).
Bei meinem ersten Besuch des Good Luck entschied ich mich (noch inkognito) für den Kiwi Mana, eine Assemblage aus 42 Below Kiwi Vodka, Anis Sirup, Canela (Zimtlikör von Marie Brizard), frischer Kiwi und Zitrone, aufgefüllt mit Ginger Beer im Sling, garniert mit Nelkenblüten und Zimtstangen. Heute jedoch sollte es trotz dieses grandiosen Geschmackserlebnisses ein „cocktail with texture“ sein. Jene verkörpern die Idee, Speisen –zumeist Fruchtsorbets- in Drinks zu integrieren. Als Gängigsten betrachtet Kaje den Cucumber and Lychee Martini (south, soho, fresh lime and lychees, served with picked ginger and cucumber compote). Dennoch empfielt er mir einen Chilli and Passionfruit Sangria von Riki Carter. Eine Menge Arbeit für ihn, wie ich feststellen muss. Chilistücke werden in Zucker gewendet und dieser per Gasflamme karamellisiert, während Orangenzesten im Grand Marier Bad gemach vor sich hin brennen. Dieses Obst und Gemüse trifft sich mit frischem Maracujafruchtfleisch im Shaker beim 42 Below Maracuja. Ein frischer Apfel steigt flüssig mit ein, bevor sich alles schüttelt und im eisigen Cognacschwenker Platz findet, rechtzeitig bevor sich 4cl Shiraz herüber floaten.
Nach all dieser Arbeit kommen wir auf die Küche zu sprechen, die, wie ich herausfinde, aus Platzmangel gar nicht existiert. Der an den kleinen runden Tischen speisende Gast wird zumeist unwissentlich vom Inder bzw. Südkoreaner von der anderen Straßenseite bekocht.
Danach trinkt man zum Verdauen straight up am liebsten Vodka. Neu im Sortiment wäre allerdings Tuaca, der in Neuseeland eigentlich nicht erhältlich ist. Ich staune auch über Americano Gancia, Cherry Heering (hier selten zu sehen) und Casoni Alchermes. Anhaltend.

  • Havana Coffee Works & Bar, 34 Wigan Street, Wellington

Hätte mir ein “Local” am Tresen des Good Luck nicht verraten, dass die Havana Bar existiert, hätte ich mich wahrscheinlich nicht in dieser düsteren Seitenstraße wieder gefunden. Außen wirkt das alte Doppelwohnhaus zerfallen, dunkel und wenig einladend. Der linke Teil des Hauses röstet und verkauft tagsüber Tüten- oder Sackweise den großartigen Kaffee, der in den zahllosen örtlichen Cafés verkonsumiert wird.
Im Dunkel schlummern nachts die Kaffeebohnen, während nebenan der Partygeist erwacht. Mich empfängt eine laute, ausgelassen trällernde, zur Lifeband tanzende Kommune als ein Mischmasch lokaler Gastonomen und deren Anhänger in Wohnzimmer- bis Campingatmosphäre. Im bunten überdachten Hinterhof einige kleine Jägermeister zu vertilgen gehört derweil zum Brauch. Die Havana Bar? Für anspruchslose Unkomplizierte DER Geheimtipp!
  • Motel Bar, Forresters Llane, Wellington

Die Motel Bar ist mir von Christian McCabe und Kaje Simpson als eine der besten Bars der Stadt empfohlen worden, auch Worlds Best Bars stimmt dem zu. Doch leider entsprechen die Öffnungszeiten nicht mit meinen möglichen Besuchszeiten. Vermutlich sehr schade. Aber es wird immer Gründe geben, zurück nach Wellington zu kommen...

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Dale Degroff
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